September 19, 2023
Erwachsene

Angststörungen

Jens Gebauer
Header image

Das Phänomen Angst ist jedem aus eigenem Erleben bekannt. Angst tritt auf, wenn eine tatsächliche Gefahr oder Bedrohung besteht (Realangst). Körperliche Reaktionen bei Angst sind Schweißausbrüche, Herzklopfen, eine schnelle und flache Atmung oder Mundtrockenheit. Die Aufmerksamkeit ist auf die Gefahr gerichtet, man ist zur Flucht bereit.

Bei einer Angststörung unterscheidet sich das Erleben nicht von der Realangst. Angst tritt jedoch in Situationen auf, in denen keine objektive Bedrohung vorliegt. Angststörungen verursachen Einschränkungen in der Lebensqualität und bei einem schweren Verlauf erhebliche Beeinträchtigungen der sozialen und beruflichen Möglichkeiten.

Je nach Symptomatik werden Angststörungen unterteilt:

Panikstörungen sind unter anderem durch das wiederholte Auftreten anfallartiger Angstzustände gekennzeichnet. Diese werden als Panikattacken bezeichnet. Die Angstzustände treten unerwartet auf und beziehen sich nicht auf spezielle äußere Auslöser. Bei einer Panikattacke erlebt die Person ein intensives Angstgefühl, begleitet von körperlichen Symptomen und schlimmen Befürchtungen. Oft wird beschrieben, dass Betroffene ihre Umgebung während einer Panikattacke als fremd und unwirklich erleben. Erst bei regelmäßigem Auftreten von Panikattacken und einer Änderung von Verhalten und Einstellungen diesen gegenüber, spricht man von einer Panikstörung. Die Betroffenen leiden unter der ständigen Sorge, erneut eine Attacke zu bekommen. Um sich davor abzusichern, bleiben sie nicht mehr allein, tragen bestimmte Gegenstände bei sich oder meiden öffentliche Orte.

Menschen mit Agoraphobie haben häufig eine ausgeprägte Angst vor Menschenmengen, öffentlichen Orten oder Reisen. Diese Situationen werden weitgehend gemieden oder unter großer Furcht ertragen. Betroffene können auch Schwierigkeiten haben, in einer Schlange zu stehen, Bus, Zug oder Auto zu fahren, ins Kino zu gehen oder alleine das Haus zu verlassen. Sie fürchten, in diesen Situationen in für sie nicht ertragbare Zustände zu geraten. Beispiele für die Befürchtungen sind schambesetzte Handlungen (zB Inkontinenz, sich übergeben zu müssen), Stürze, Panikattacken oder ohnmächtig zu werden.

Sorgen über die Gesundheit, Arbeit, Sicherheit, Finanzen oder die Familie sind in einem gewissen Maße normal und natürlich. Bei einer generalisierten Angststörung unterscheiden sich diese Ängste und Sorgen über alltägliche Ereignisse und Probleme in der Häufigkeit und Intensität. Menschen mit dieser Angststörung haben eine Vielzahl von "frei flottierenden" Sorgen und Ängsten, die sich auf viele Bereiche beziehen und auch als Sorgenketten auftreten. Betroffene leiden häufig unter einer andauernden Erregung, Nervosität, Konzentrationsschwierigkeiten oder Beklemmungsgefühlen. Gleichzeitig sorgen sich diese Menschen häufig wegen ihrer ständigen Sorgen oder halten diese sogar für notwendig, um etwas Schlimmes zu verhindern. Eine Chronifizierung der Symptomatik ist häufig und dauert bei der ersten Vorstellung schon lange an. Die Menschen sind sehr belastet und in ihrem Urteilsvermögen eingeschränkt. Unter Stress verschlimmern sich die Symptome erheblich.

Spezifische Phobien sind durch extreme Angstreaktionen auf spezielle Situationen oder Objekte gekennzeichnet.​ In der Regel werden diese Auslöser vermieden. Die häufigsten spezifischen Phobien beziehen sich auf Tiere, enge Räume, Höhen, Flugzeuge, auf gefährliche Gegenstände, Blut, körperliche Verletzungen und auf medizinische Utensilien. ​Phobien entstehen oft in der Kindheit oder im frühen Erwachsenenalter.​ Unbehandelt können sie ein Leben lang bestehen.​ Die tatsächliche Belastung hängt von der Notwendigkeit ab, sich mit den angstauslösenden Reizen auseinander setzen zu müssen. Oft schlummern sie lange und lösen erst einen Leidensdruck aus, wenn eine zum Beispiel eine Injektion notwendig wird, ein Flug unumgänglich ist oder man plötzlich auf den Aufzug angewiesen ist.

Menschen mit einer sozialen Angststörung haben eine ausgeprägte Furcht davor, im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen, sich zu blamieren oder negativ bewertet zu werden. In extremen Fällen können Panikattacken auftreten. Die Störung beginnt in der Regel im Jugend- oder jungen Erwachsenenalter, selten jedoch nach dem 25. Lebensjahr. In sozialen Situationen wie Essen, Sprechen in der Öffentlichkeit oder vor Arbeitskolleg:innen oder der Begegnung von Bekannten treten Angstsymptome auf (bspw. Erröten, Zittern, Angst zu Erbrechen, starker Harndrang). Unglücklicherweise ist die Angst in subjektiv bedeutsamen Situationen besonders hoch. Ihre Vermeidung führt nicht selten zu Folgeproblemen wie depressiven Zuständen.

Das Hauptsymptom Trennungsangst-Störung im Erwachsenenalter ist eine übermäßige Angst vor Trennung von wichtigen Bezugspersonen, was in der Regel den Lebenspartner oder die Kinder umfasst. Betroffene zeigen wiederholt Unwohlsein und Angst in Situationen, die eine Trennung von der Bezugsperson bedeuten, wirken äußerst anhänglich und lehnen es ab, alleine zu bleiben oder sich ohne die Bezugsperson in einer fremden Umgebung aufzuhalten. Die Vorstellung von Aktivitäten wie dem Verlassen des Zuhauses, dem Besuch der Schule oder dem Arbeiten löst große Angst und Widerstand aus, wenn diese mit einer Trennung verbunden sind, und sie haben exzessive Sorgen um das Wohlergehen der geliebten Person oder um sich selbst in ihrer Abwesenheit. Es ist sorgfältig zu prüfen, ob die Angst vor dem Getrenntsein Ausdruck dieser Angststörung oder ein Teil einer anderen Problematik (z.B. einer Persönlichkeitsstörung) ist.

Teilen